Räum- und Streupflicht
Warnhinweis auf Einschränkung des Winterdienstes
Die Räum- und Streupflicht ist eine Verkehrssicherungspflicht bei Schnee und Glätte auf Straßen und Wegen zur Vermeidung von Unfällen.
Verantwortung und Haftung
Die Räum- und Streupflicht obliegt dem Grundstückseigentümer, bei öffentlichen Straßen dem Träger der Straßenbaulast. Die Räum- und Streupflicht für öffentliche Gehwege wird üblicherweise - etwa durch kommunale Satzung - auf die privaten Anlieger der Straße übertragen. Diese übertragen die Pflicht wiederum häufig auf die Mieter der Grundstücke.
Wird die Räumpflicht schuldhaft nicht beachtet, haftet der Pflichtige unter Umständen für die Folgen von daraus resultierenden Unfällen. Man spricht dann von einem Verstoß gegen die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht. In diesen Fällen kommt eine zivilrechtliche Haftung aus § 823 Abs.1 BGB in Betracht.[1][2]
Finanzwissenschaftlich wird die Räum- und Streupflicht als eine Realabgabe verstanden.
Deutschland
In Deutschland ist die Pflicht zur Schneeräumung regional unterschiedlich geregelt. In der Regel beginnt sie werktags um 7.00 Uhr und an Sonn- und Feiertagen um 9.00 Uhr und endet um 20.00 Uhr.
Verordnungen und Gesetze
Das Straßenreinigungsgesetz des Landes Berlin schreibt die Aufstellung eines Räum- und Streuplans vor (§ 3 Abs. 5 StrReinG Bln). Der Räum- und Streuplan umfasst zwei Einsatzstufen und wird jährlich aktualisiert. Die erste Stufe sieht die Räumung von wichtigen Verkehrsachsen und Linien der öffentlichen Verkehrsmittel vor. Des Weiteren sollen Gefahrstellen und Kreuzungsbereiche vorrangig behandelt werden. Ist hier die Verkehrssicherheit gewährleistet, werden Straßen, die der zweiten Stufe zugeteilt wurden, geräumt bzw. gestreut. Abweichend von anderen Bundesländern verbleibt in Berlin nach einer Gesetzesänderung im November 2010 die Verantwortlichkeit für die ordnungsgemäße Durchführung des Winterdienstes beim Anlieger, auch wenn dieser ein gewerbliches Unternehmen mit der Durchführung beauftragt hat (§ 6 Abs. 1 S. 3 StrReinG Bln).[3]
In Baden-Württemberg ist § 41 Abs. 2 Straßengesetz die Eingriffsermächtigung für Streupflichtsatzungen der Städte und Gemeinden, die ihre Straßenanlieger in der Regel durch eine so genannte „Streupflichtsatzung“ verpflichten, die Gehwege vor ihren Grundstücken im Winter vom Schnee zu räumen und bei Glatteis zu streuen. Die Satzungen schreiben vor, wo der Schnee anzuhäufen ist, welche Streumittel verwendet bzw. nicht verwendet werden dürfen, die Zeiten, bis zu denen der Schnee geräumt sein muss, usw.
In der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel sind Art und Umfang der Streu- und Schneeräumpflicht in der sogenannten Straßenreinigungssatzung geregelt. Der einschlägige § 8 dieser Satzung legt u. a. fest:
- „Die Gehwege sind von Schnee zu befreien. Nach 20.00 Uhr gefallener Schnee ist bis 9.00 Uhr des folgenden Tages zu räumen, auch wenn es um 9.00 Uhr noch schneit. In der Zeit von 9.00 bis 20.00 Uhr gefallener Schnee ist innerhalb einer Stunde nach jedem beendeten Schneefall zu räumen. In dieser Zeit sind Unebenheiten, die durch festgetretenen Schnee entstanden sind, so oft wie erforderlich unverzüglich zu beseitigen. ... Die Gehwege sind für den Fußgängerverkehr in einer Breite von Schnee und Eis freizuhalten und bei Glätte zu streuen, die den örtlichen Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entspricht, soweit möglich mindestens in einer Breite von 1,50 m.“
Rechtsprechung
Außerhalb der Zeiten, für die das Räumen und Streuen vorgeschrieben ist, können Fußgänger nicht darauf vertrauen, dass die Wege geräumt sind. Der Eigentümer haftet dann nicht bei Stürzen.[4] Für Gewerbetreibende mit hohen Publikumsverkehr gilt diese Pflicht oft über 20:00 Uhr hinaus. Ein vom Grundstückseigentümer angebrachtes Schild mit dem Text „Betreten auf eigene Gefahr, es wird weder geräumt noch gestreut“, setzt die Räumpflicht auf öffentlichen Wegen nicht außer Kraft.[5]
Ein Pflichtiger ist auch dann zum Räumen und Streuen verpflichtet, wenn er durch Berufstätigkeit, Gebrechlichkeit oder Krankheit daran gehindert ist. Er muss gegebenenfalls eine Vertretung organisieren. Die Räum- und Streupflicht kann durch den Mietvertrag auf den Mieter übertragen werden. Nur ein Aushang einer Hausordnung nach Abschluss des Mietvertrages führt aber nicht zur Verpflichtung des Winterdienstes.[6]
Der Eigentümer kann seine Räum- und Streupflicht auch auf ein gewerbliches Unternehmen delegieren. Wurden nach einer solchen Delegation die notwendigen Räum- und Streutätigkeiten vom beauftragten Winterdienst nicht oder nur unzureichend ausgeführt, hatte dies der Rechtsprechung nach bislang regelmäßig die eigene Entlastung zur Folge.[7]
Kann die ergriffene Streumaßnahme die Rutschgefahr nicht verhindern, muss mehrmals gestreut werden.[8] Bei starkem Schneefall muss mehrmals geräumt werden. In der Regel aber nur, nachdem es aufgehört hat zu schneien. Eisflächen müssen gebrochen und entfernt werden. Sind diese durch Eisregen entstanden, hat man nach Ende des Regens 40 Minuten Zeit.[9] Der Weg zum Haus muss auch bei extremen Eisverhältnissen begehbar sein.[10]
Sind Eis und Schnee abgetaut, müssen Grundstückseigentümer Streugut entfernen, wenn nicht mit Neuschnee zu rechnen ist.[11]
Literatur
- Manfred Wichmann: Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis. Rechtsgrundlagen – Organisation – Aufgaben. (7. Aufl.), Erich Schmidt Verlag, Berlin 2013, ISBN 978-3-503-15465-4
- Konrad Dillkofer: Reinigungs-, Räum- und Streupflicht in Bayern: Erläuterung zur Musterordnung, 1991, ISBN 978-3-415-01590-6
- Marc Lothar Mewes, Winterdienst - Wenn es glatt wird, Hamburger Grundeigentum 2009, S. 468